Vermeidung: Ein übler Mitspieler der Angststörung

Heute möchte ich Ihnen ein Symptom der Angststörung vorstellen: die Vermeidung.

Aber was bedeutet Vermeidung überhaupt?

Vermeidung bedeutet, bestimmten Reizen, die von der Umwelt oder dem eigenen Körper ausgehen, bewusst oder unbewusst aus dem Weg zu gehen – aus Angst vor unangenehmen Gefühlen.

Wie zeigt sich Vermeidung im Alltag?

Soweit zur Theorie. Aber wie zeigt sich das im täglichen Leben?

Eine liebe Freundin von mir geht gerne spazieren, liebt das Reisen und fährt leidenschaftlich Snowboard und Ski. Irgendwann entwickelte sich in ihr langsam, fast schleichend und damit weitestgehend unbemerkt, eine kleine Angst vor Hunden. Zunächst nahm sie diese nur am Rande wahr. Doch unbewusst führte diese Angst dazu, dass sie die Straßenseite wechselte, sobald ein Hund in Sicht war, oder verstohlen hinter einem Baum wartete, bis die „Gefahr“ vorüber war.

Ein kleiner Schritt zurück – und dann noch einer

So ging das einige Zeit. Da diese Angst sehr subtil wirkt und nur kleine Impulse sendet, bemerkte meine Freundin sie zwar, maß ihr aber keine große Bedeutung bei. Irgendwann wurde der Impuls jedoch stärker, und obwohl gar kein Hund in Sicht war, kam plötzlich der Gedanke auf, den Park ganz zu meiden – es könnten ja Hunde dort sein.

Sie sehen selbst: An diesem Punkt hat die Vermeidung ein neues Level erreicht.

Die verschiedenen Stadien der Vermeidung

  • Stadium 1: Weggehen, wenn der Angstauslöser in Sicht ist.
  • Stadium 2: Vermeidung von Orten, an denen der Angstauslöser auftreten könnte.

Von diesem Zeitpunkt an mied meine Freundin den Park. „Spazierengehen kann man ja auch in der Stadt, und dort gibt es schöne Cafés …“

Merken Sie, wie die Angst ihr diese Gedanken in den Kopf setzte? Doch auch mit der „Stadtvariante“ war ein gutes Leben möglich. Und so funktionierte alles wieder – bis sich, ganz tief verborgen, fast ungreifbar, das Gefühl einschlich, nicht mehr fliegen zu wollen.

Vermeidung breitet sich aus

Sie ahnen es: Ab diesem Zeitpunkt wurden nur noch Reisen mit dem Zug oder Auto geplant. Die Vermeidung griff weiter um sich.

  • Stadium 3: Ausweitung der Angst und damit der Vermeidung auf weitere Lebensbereiche.

Doch der Mensch ist anpassungsfähig. Meine Freundin redete sich ein, dass Fernreisen ohnehin nicht mehr wichtig seien. Zudem könne sie so CO2 sparen und erst einmal die Nähe erkunden. Getreu dem Motto: „Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute so nah liegt?“

Noch war das erträglich. Der Verlust des Parks und der Fernreisen war nicht groß genug, um aktiv etwas zu unternehmen. Vielleicht merkte sie es auch gar nicht so deutlich, wie ich es hier beschreibe. Denn diese Prozesse sind schleichend. Sie sind leise. Sie wirken so unbemerkt, dass Betroffene ihre Entwicklung oft gar nicht wahrnehmen.

Wann wird Vermeidung zum Problem?

Erst als ein weiterer Lebensbereich von Angst und Vermeidung erfasst wurde, wurde ihr klar, dass sie handeln musste.

  • Stadium 4: Weitere Ausweitung der Angst auf neue Situationen – dieses Mal: Höhe.
  • Stadium 5: Vermeidung auch dieser Lebensbereiche, in denen Höhe ein Problem sein könnte.

Der Wendepunkt

Der Fortgang der Geschichte lag nahe:

Von einem Jahr auf das andere wollte meine Freundin nicht mehr Skifahren, weil ihr die Fahrten mit der Gondel sprichwörtlich „im Magen lagen“. Und so kam es, wie es kommen musste: In den folgenden Jahren wurde auch das Skifahren weitestgehend aufgegeben. Anfangs noch unter fadenscheinigen Vorwänden, dann als still akzeptierte Tatsache.

Doch als ihr bewusst wurde, dass die Angst nun einen Lebensbereich erfasst hatte, der ihr wirklich wichtig war, erkannte sie das wahre Ausmaß ihrer Ängste – und was sie bereits alles vermied.

Zeit zu handeln!

Ihr Leben war mittlerweile so stark eingeschränkt, dass sie wusste: Sie brauchte Hilfe.

Falls auch Sie merken, dass Sie Dinge meiden, die Ihnen einst Freude bereitet haben, scheuen Sie sich nicht, sich Hilfe zu holen.

Melden Sie sich gerne bei mir für ein kostenloses Erstgespräch. Gemeinsam erkunden wir Ihre Lage und finden einen Weg zurück ins Leben – zu den Dingen, die Ihnen Freude machen.